Heute war ich in Valparaiso. Ich fuhr mit der Metro zur Busstation und von dort mit einem Direktbus, der eineinhalb Stunden braucht. Das war ein sehr bequemer Überlandbus, und die Hin- und Rückfahrt einschließlich Metroticket kostete ungefähr 13 Euro, falls ich mich nicht verrechnet habe. Diese großen Pesolappen hier in Chile irritieren ein wenig.
Als ich aus dem Bus stieg, wollten mir viele Leute bezahlte oder kostenlose Rundfahrten durch das Touristenzentrum andrehen, ich widerstand jedoch, weil ich das Meer gerochen hatte und Möwen kreisten herum und es wehte eine wunderbar frische Brise durch eine bestimmte Straße. Ich folgte ihr und kam an eine Hafenmole. Da stand ich also am Pazifischen Ozean und sog die salzige Luft ein. Leider konnte man nicht direkt ans Wasser gelangen.
Danach wollte ich diese Stadt allein und zu Fuß erobern, obwohl alle gesagt hatten, das sei viel zu weit, der Stadtplan täusche. Ich stieg die steilen Straßen hinauf und stellte fest, dass es so weit nun auch wieder nicht war. Ich sah lauter verschiedene Häusertypen, windschiefe und ganz gerade, kleine und große, aber die meisten sehr bunt. Es ist schon eine Herausforderung, an diesen steilen Hängen Häuser zu bauen.
Ich kam am Gefängnis vorbei, an Aussichtspunkten, von denen man einen grandiosen Ausblick auf das Meer hatte und die großen Schiffe, ich spazierte durch das Viertel Miraflores, wo wohl die buntesten Häuser stehen und wo ich eine Kleinigkeit aß, in einer winzigen Pinte mit einer kleinen Terrasse mit berauschendem Ausblick. Das Klima ist dort übrigens ganz anders als im stickigen Santiago, kühler und mit einer leichten Brise. Auf dem Rückweg nahm ich andere Straßen wieder bergab. Ich kam an der anglikanischen und lutheranischen Kirche vorbei, an Plätzen und Straßenmärkten, an der Kathedrale von Valparaiso, die in einem schönen Park steht. Die Statuen, die dort stehen, sind alle hübsch verziert mit politischen Parolen, mit blutenden Augen, und alles drückt auch hier den innigen Wunsch aus, der Präsident möge sich verziehen. Aber hier ist nichts zerstört, zumindest habe ich nichts gesehen.
Nachdem ich viereinhalb Stunden lang diese Stadt zügig zu Fuß erobert hatte, hatte ich keine Lust mehr. Ich kam gegen 15.00 Uhr am Busbahnhof an und konnte sofort zurückfahren. Diese Busse fahren alle 15 Minuten, sind sehr günstig, wie ich ja schon gesagt habe, und sind auch noch bequem. Wenn wir in Deutschland etwas Vergleichbares hinbekämen, wären wir verkehrstechnisch schon ein Stück weiter.
Allerdings ist mir während der Fahrt aufgefallen, dass die Landschaft ziemlich trocken wirkt. Man sieht zwar hier und da Weinfelder, aber dazwischen ist viel vertrocknete Vegetation, wie bei uns im letzten und vorletzten Sommer. Ich habe gehört, dass es noch vor ein paar Jahren viel grüner gewesen sei hier. Und außerdem war vor Valparaiso ein großes Stück verbrannten Waldes zu sehen.
Jetzt muss ich noch etwas Merkwürdiges loswerden: Wenn man vom Hotel zur Metrostation gehen möchte, muss man ein Stück durch einen Park gehen. Diesen Weg haben mir die hilfsbereiten jungen Frauen am ersten Tag gezeigt mit dem Hinweis, das sei eine Abkürzung. Allerdings scheint in dem Park ein komischer Geist zu hocken, der mich nicht leiden kann, denn auf dem Rückweg durch den Park verwirrt dieser Geist mich jedes Mal und führt mich irgendwo hin, wo ich mich nicht mehr auskenne. Aber heute hat der Geist mich wohl nicht bemerkt, vielleicht hat er geschlafen. Ich bin tatsächlich an der richtigen Stelle aus dem Park gekommen. Da war ich ziemlich froh!
So, und nun muss ich noch loswerden, dass ich gestern in einem Restaurant in einem ganz anderen Viertel war, um die Plaza Italia zu umgehen. Aber auch dort kamen plötzlich laut schreiend Demonstrierende die Straße entlang, so dass die Terrasse geschlossen wurde und ich drinnen austrinken musste.
Und in diesem Augenblick höre ich wieder Geschrei, die Demonstranten bewerfen einen Wasserwerfer mit Steinen direkt vor dem Hotel. Ich fürchte, ich kann heute nicht zum Essen gehen.
Bis morgen hoffentlich, dann berichte ich weiter.