Schon längst Frühling, aber immer noch kalt, in mir wuchs die Ungeduld, trotz immer noch währender Coronazeit mein Sofa zu verlassen. Der Camper wollte auch wieder starten, ich fühlte es. Also rüstete ich ihn zur ersten Reise des Jahres. Erst einmal besuchte ich liebe Verwandte in einem Kaff bei Nürnberg, von wo aus sie mir trotz Sturm, viel zu kalten Temperaturen für Mai und zeitweise Regen die Stadt Nürnberg und interessante Orte der Fränkischen Schweiz zeigten. Hier fand ich das Haus mit dem auffällig geformten Felsen dahinter.
Inzwischen hatte ich mich damit abgefunden, dass die Dichtung des Duschkopfs in meinem tiny Home über den Winter schlapp gemacht hatte, was ich reparieren lassen muss.
Am letzten Maiwochenende fuhr ich von dort nach Lohr am Main. Ich hatte den Ort ausgesucht, weil dort ein Campingplatz direkt am Main liegt, aber hauptsächlich, weil er zum Zeitpunkt meiner Suche die geringste Corona-Inzidenz hatte. Die fiel tatsächlich inzwischen in ganz Deutschland immer weiter, jedoch auch der Regen fiel noch ein bisschen an diesem Samstag, es war aber bereits wärmer. Und einen aktuellen Negativtest hatte ich auch. Diesen musste ich bei Einchecken am Campingplatz vorzeigen.
Am ersten Abend genoss ich es, draußen vor einem Restaurant zu essen. Rein durfte man noch nicht. Hätte aber sicher bei den steigenden Temperaturen kaum einer gewollt, ich auch nicht. Den Negativtest brauchte ich hier nicht, weil ich als Einzelperson nicht mehr als ein Haushalt sein könne, sagte man mir. Der Wein war gut, es gab reichlich Auswahl, das Essen war Kneipenessen. Daher braute ich mir die meiste Zeit selbst etwas zusammen, auf dem Campingplatz am Main. Da ein langes Wochenende bevorstand, konnte ich allerdings immer weniger vom Main sehen, während ich dort saß. Am Ufer saßen die Platzhirsche. Nein, Gartenzwerge als Barrikaden hatten sie nicht aufgestellt, aber Stühle und Liegen. Trotzdem erlaubten sie mir, dort ab und zu auf einem Stein zu sitzen, um in das Wasser zu schauen. Ich entdeckte viele Fische.
Tagsüber machte ich Radtouren, einmal nach Gemünden, danach in die andere Richtung, nach Marktheidenfeld. Die Städtchen sind klein und schnuckelig, sehen aber ziemlich ähnlich aus. Es ist das Gebiet, wo sich endgültig die spitzen Kirchtürme gegen die Zwiebeltürme durchsetzen. In Marktheidenfeld gab es noch die Zwiebelform.
Zwischen den Radtouren ging ich joggen, auch am Main entlang, also ebenfalls in zwei Richtungen, gestaltete die Runden jedoch durch das Überqueren von Brücken etwas abwechslungsreicher. Rechts und links des Mains bewunderte ich die Flussauen. Das intensive Rot des Mohns wurde durchbrochen von weißen Margeritenstauden, dazwischen vereinzelt gelbe Butterblumen, Stauden gelber Lilien am Flussufer, Tupfer vom Wiesenschaumkraut im hellen Violett. Diese frischen Frühlingsfarben zauberten mir ein Lächeln ins Gesicht. Einmal erhob sich ein einzelner Storch aus der Wiese.
Am letzten Tag vor meiner Abfahrt waren Gewitter angesagt. Ich wusste daher nicht so recht, was ich mit dem Tag anfangen sollte, zumal so ein Fluss eben nur zwei Richtungen hat und ich sie an jedem Ufer schon befahren und erlaufen hatte. Es war schwülwarm, ich hatte alle Luken und Fenster im Camper geöffnet. Mein Plan war gewesen, vor dem sicher kommenden Regen oder gar Unwetter die Bodenmatte und Tisch und Stühle zu verstauen und dann zu lesen oder Vokabeln zu lernen. Es waren aber so gut wie keine Wolken am Himmel, weswegen mir das frühzeitige Einräumen unsinnig erschien.
Ich überraschte mich selbst, indem ich mich aufs Rad setzte und nach ein paar Kilometern Richtung Gemünden ein Seitental entdeckte, wo irgendwo eine Wallfahrtskirche stehen sollte. Ich fuhr neugierig durch den Wald das Seitental hinauf und wünschte mir, an der Wallfahrtskirche gäbe es eine Einkehrmöglichkeit. So hatte mich der Durst nach einer Cola doch ziemlich weit in dieses Tal gelockt, bis ich die Cola neben der Wallfahrtskirche trinken konnte. Das tat ich gemütlich und in aller Ruhe. Dann war die Sonne weg und ich bemerkte, dass die Wolken nicht mehr ganz so harmlos aussahen. Schnell trat ich die Rückfahrt an und merkte jetzt, dass ich doch einige Höhenmeter überwunden hatte. Umso schneller kam ich zurück zum Mainufer. Dann sah ich die ersten Blitze. "Jetzt aber zügig" dachte ich. Es knallte, in der Ferne sah ich schon die Regenschwaden. Es blitzte wieder und ich fuhr so schnell wie nie. Auf der großen neuen Mainbrücke in Lohr wurde der Regen heftig, nachdem es bereits ein bisschen getropft hatte. Fast legte ich eine Bruchlandung neben meinem Camper hin, die Leute schauten schon, weil mein Fahrrad stark quietschte, aber ich konnte mich gerade noch halten. Schnell schloss ich alle Luken, es war nichts nass geworden. Nach ein paar Stunden kam die Sonne wieder, ich konnte in Ruhe packen und am nächsten Tag startete ich bei Sonnenschein nach Hause.
Fahrradstrecke am Main entlang nach Gemünden
Zwiebelturm, Marktheidenfeld. Hier geriet ich in die Shopping-Falle. Es gab Bücher und Kleidung.