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Tage in Antibes und Umgebung

Der gestrige Vormittag begann damit, dass mir die Wärme für die Tagesplanung ein bisschen hinderlich war. Ich könnte mit dem Regionalzug an der Küste entlang nach Nizza fahren, hatte aber keine Lust dazu. Schließlich nahm ich das Fahrrad und fuhr durch Antibes  nach Juan les Pins, mit Helm und Google Maps. Völlig verschwitzt kam ich dort am Strand an, einem schmalen Sandstrand, privat und auch öffentlich zu nutzen. Ich hatte jedoch kein Badezeug mit, denn ohne Sonnenschirm ist mir das zu heiß. Ich schaute ein wenig herum, aß ein Eis und fand einen Buchladen, und dann machte ich mich schon wieder auf den Rückweg. Den Nachmittag verbrachte ich in Ruhe hauptsächlich am Pool, um am Abend mit dem Rad wieder nach Antibes rein zu fahren, meinen nun schon bekannten Weg am Wasser entlang. Ich fuhr doch öfter hin als ich ursprünglich dachte, denn am Campingplatz zu bleiben war nicht sehr unterhaltsam.

Jedoch, leichtes Erschrecken, der Durchgang unter der Bahn her war gesperrt durch die "Sécurité". Sie erklärten mir, ich dürfe zwar durch, müsse aber zu Fuß neben dem Fahrrad hergehen. Es gäbe später ein Feuerwerk. Trotzdem verstand ich den Sinn der Sache nicht und fuhr einfach auf dem Rad. Bis mir jemand entgegenkam, der sein Rad schob. Das würde Ärger geben, meinte er, ich solle lieber auch schieben. Die Sperre auf der anderen Seite hatte ich aber fast schon erreicht. Von dort aus fuhr ich am Hafen entlang, hörte schon von weitem die Marseillaise und schaute mir eine historische Nachstellung des Endes der Besatzung an. Deswegen das Feuerwerk. Ich stellte danach mein Rad an einer mir jetzt schon vertrauten Stelle ab, damit ich es später nicht suchen muss. Ich fand sehr schnell ein kleines Restaurant in einer Seitenstraße hinter der provenzalischen Markthalle. Ich hatte Hunger und bestellte mir einen Fisch auf provenzalische Art. Es war eine reichliche Hauptmahlzeit mit Gemüse und Kartoffeln als Beilage, und eine Vorspeise oder ein Nachtisch hätten mich an die Grenze zum Platzen gebracht. Ich hatte übrigens mein schönstes Sommerkleid angezogen, das etwas längere ärmellose, blauweiß gestreifte. Das letzte Kartoffelstück, das ich mir gönnte, zerdrückte ich leicht in der herrlichen Weißweinsoße und beförderte dabei einen nicht kleinen Schluck auf mein Kleid. Darüber ärgerte ich mich sehr, obwohl ich vorher schon geahnt hatte, dass mir das passiert. Ich machte mich zügig auf den Rückweg, ich wollte das letzte Tageslicht ausnutzen. Als ich an die Straßensperre kam, diesmal von der anderen Seite, wollte man mich überhaupt nicht durchlassen, auch nicht zu Fuß neben dem Fahrrad her. Den Grund dafür konnten mir die Sicherheitsleute wieder nicht sagen, sie meinten, das sei natürlich lächerlich, aber sie könnten nichts dafür. Ich moserte ein bisschen herum, sagte, ich sei auf dem Campingplatz und wie solle ich jetzt dahin kommen. Das würde für ausländische Touristen ja nicht den besten Eindruck machen. Irgendwann kam ein Vorgesetzter und ließ mich durch, zwei weitere Frauen mit Fahrrad ebenfalls, obwohl die nicht gemeutert hatten. 

Vor mir war eine Fußgängerin durchgegangen, der man die Tasche durchsucht hatte. Diese Prozedur ließen sie bei mir sein, was sich mir ebenso wenig erschloss. Nach meiner Ankunft am Campingplatz wusch ich mein Kleid aus. Zum Glück ist der Fleck einfach zu entfernen gewesen. Danach hörte ich das Feuerwerk vom Campingplatz aus und sah ein bisschen was leuchten hinter dem Wohnwagen auf der Nachbarparzelle.

Am nächsten Tag gönnte ich mir vollen Luxus. Ich fuhr die 4 km nach Villeneuve-Loubet, das liegt neben Antibes Richtungs Nizza. Dort hatte ich ja die Strandstelle entdeckt, die von der Straße durch Strandbuden und Felsen getrennt war.  Eine der Strandbuden war in Wirklichkeit ein gutes Restaurant, dort hatte ich einmal zu Mittag gegessen, ich berichtete. Man konnte dort  Liegestuhl und Sonnenschirm mieten, was ich auch tat, zur Schonung meiner Haut und meines Hinterteils. Dazu bestellte ich mir verschiedene Getränke, endend mit einem schönen Cocktail. Zu essen hatte ich in der Tasche, ein Stück Foccacia und ein süßes Gebäckstück. Das mampfte ich heimlich aus der Tüte. Denn ich saß ja eigentlich in einem Restaurant, auch wenn es mehr ein Liegen war. Ich genoss den Getränkeservice, las in meinem Buch und ging immer wieder ins Wasser. Die Sache hatte nur einen Nachteil, nein, es war nicht der Preis. Es war vielmehr mein Liegennachbar. Der saß den ganzen Tag auf der Liege mit rosa Hemd, Strohhut und Shorts. Seine schwarzen Kniestrümpfe (nicht Socken) und seine schwarzen hochpolierten Lederschuhe hatte er sich jedoch ausgezogen. Zum Mittagessen zog er sie wieder an. Seine Frau hatte einen mittellangen, ausgestellten Rock an und dazu eine bunte, kurzärmelige Bluse. Als sie vom Essen auf der Terrasse über den Strandliegen zurückkamen, kam mir eine starke Schweißfahne entgegen, und die ertrug ich mehr oder weniger den ganzen Nachmittag. Die Frau ging irgendwann zur Toilette und kam, oh Wunder, in einem schwarzen Badeanzug zurück. Mit diesem und Strohhut ging sie kurz ins Wasser, zog sich danach aber sofort wieder an. Später sah ich, dass zwei halbwüchsige Kinder zu ihnen gehörten, die jedoch fröhlich im Wasser herumtollten, im Gegensatz zu den Eltern. Diesen Familienzusammenhang verstand ich erst, als sie gemeinsam die Liegen verließen, er, der Vater mit einer Aktentasche, das rosa Hemd am Rücken schweißdurchnässt. Die Mutter trug die Handtücher.