· 

Coleville-sur-Mer

Ich bin am 5. Juni hier angekommen und werde morgen weiterfahren. 

Ich stellte fest: hier gibt es keinen Laden, nur ein paar Artikel in der Campingbude. Es gibt aber eine kleine Kneipe am Campingplatz mit einem sehr freundlichen Wirt. 

Nach kurzem Ausruhen fuhr ich mit dem Fahrrad circa 7 km zum nächsten Ort, Port-de-Bessin, über einen gut ausgeschilderten Radfahrweg zwischen Steilküste und Hauptstraße. Der Wind war immer noch ein Sturm aus Nordost und würde mich die nächsten Tage weiter begleiten. Ich brauchte eine gute dreiviertel Stunde bis zum Ort, die mich begleitende Landschaft bewunderte ich und den Wind verfluchte ich. Nach mehrmaligem Gefälle bis zu 18 % - ich schob das Fahrrad - war ich im Ort. Da es schon spät war, beschloss ich, keine Fotos zu machen, sondern an einem anderen Tag wiederzukommen. Ich fand zügig den Super-U-Supermarkt und kaufte so wenig wie möglich. Vor allem eine Pinzette, die ich vergessen hatte. Da der Rückweg mit dem Ersteigen der zwei Steilhänge verbunden war, kam ich gegen 8 Uhr abends wieder am Campingplatz an, schweißdurchnässt und leicht zitternd, aber sicher, dass ich mir das Joggen verkneifen sollte.

 

Was gibt es hier sonst noch: Am nächsten Tag sah ich 10.000 weiße Kreuze, dazwischen ein paar Davidsterne, für ebenso viele oder noch mehr Tote. Diese 10.000 waren allein die Amerikaner, die es von der Landung am D-Day (der sich heute zum 79. Mal jährte) nicht die steile Böschung hinauf geschafft hatten. Die Deutschen hatten noch in den Gräben gehockt und so viele wie möglich erschossen. Auch die Gräben habe ich gesehen. Zum Hissen der Fahnen kam ich nicht rechtzeitig. Ich sollte eine Umgehung fahren, gab jedoch nach einer halben Stunde auf, weil es immer steil bergauf und weg vom Ziel ging. Wieder zur Sperre zurück, fragte ich, ob ich denn zu Fuß durch dürfte, was die französische Polizei bejahte. Hätten sie mir auch gleich sagen können. So ließ ich das Fahrrad bei der Polizei stehen und kam zu einer Gedenkstätte. Den Friedhof fand ich nicht. Am Nachmittag war mir das zu dumm, ich lief zu Fuß, diesmal mit Google, und so fand ich endlich den Friedhof und kam noch rechtzeitig zur Einholungszeremonie der Fahnen, einer französischen und einer amerikanischen. 

 

Den ganzen Tag und auch noch zwei Tage danach fuhren Engländer und Amerikaner, aber auch Franzosen, in Originaluniformen mit Jeeps die Straßen rauf und runter und feierten den Tag der Befreiung. Flugzeuge dröhnten durch die Luft, einige gefühlt ein paar Meter über dem Campingplatz. 

 

Einen Tag später, vorgestern, ging ich zu Fuß nach Port-en-Bessin, aß dort zu Mittag, machte die Fotos, schaute mir Läden an, kaufte jedoch nichts. Hauptsächlich bieten sie Calvados an, aber so eine Flasche ist schwer im Rucksack, und anderswo gibt es die sicher auch noch. Außerdem hatte ich im Restaurant ein Gläschen davon spendiert bekommen. An diesem Abend beschloss ich, nochmals auf das Joggen zu verzichten, 15 Kilometer Fußweg reichten mir. Ich entdeckte das Hallenbad auf dem Campingplatz, klein, aber sehr angenehm warm. 

 

Und gestern schaute ich, was es in Colleville-sur-Mer sonst noch gibt außer dem amerikanischen Soldatenfriedhof. Es gibt: eine kleine Kirche mit einem Friedhof, ein paar Häuser anscheinend ohne Bewohner. Es gibt zwei Höfe, die bieten regionale Produkte an, wenn man aber an die Hoftore kommt, knurrt einen nur ein Hund an und kein Mensch ist zu sehen. Es gibt ein zerfallendes Restaurant in einem vor Jahren sicherlich einmal schönen Garten, das man kaufen kann. Und es gibt das Museum des D-Days. Dort hat ein Mann vor 30 Jahren angefangen, altes Material aus den Häusern der Dörfer ringsherum zu sammeln. Es beschlich mich ein ungutes Gefühl, als Deutsche hier zu sein. Eins der Ausstellungsstücke war eine Heldentodesanzeige (im deutschen Original) eines jungen Deutschen, der für sein Vaterland gestorben sei. Der Besitzer kam in diesem Augenblick dazu und ich sagte auf Französisch, was da stand. "Für sein Vaterland? Für einen Verrückten!!" sagte er und fügte hinzu, dass sich das in der Ukraine für einen anderen Verrückten wiederhole. Leider.

 

Am Nachmittag fuhr ich mit dem Rad zum Strand, ging dort entlang und fand es weniger kalt als auf dem Campingplatz. Ich fand sogar eine kleine amerikanische Kneipe, wo ich auf der Terrasse windgeschützt in der milchig trüb scheinenden Sonne dieses Tages eine Cola trank.

Die Kirche.

Unten: Gedenktafel auf dem Friedhof mit Blick zum Meer; eine Klippe (beim Spaziergang zwischen den Orten); die historischen Jeeps; ach ja, es gibt noch ein Rathaus in Colleville-sur-Mer; der Hafen von Port-de-Bessin; Strandspaziergang mit Landungstafel.