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Mont-Saint-Michel

Hier bin ich seit gestern. Von Colleville bis hier sind es gut 150 km, und trotz Stau vor dem berühmten "Mont" kam ich mittags an. Zwischendurch hatte es kräftig geregnet, was zwar die Frontscheibe reinigte, den Rest des Autos samt Fahrrad hinten drauf aber richtig schön einsaute, da vorher eine Staubschicht den Camper bedeckt hatte. Ich war ein bisschen erschöpft, obwohl ich nicht schlecht geschlafen hatte. 

 

Nach kurzer Siesta erkundete ich den Ort "Beauvoir" auf der Suche nach etwas schnell Essbarem nach meinem Geschmack, zum Beispiel Obst oder Tomaten. Hier ist aber fast jedes Haus ein Restaurant. Es gibt Moules frites und Austern, aber auch Deichschäfchen, die schön würzig sein sollen, weil sie anscheinend nur Salzwasser trinken. Auf der Suche nach irgend etwas Frischem wie Obst oder Gemüse klapperte ich drei Geschäfte für regionale Produkte ab, dort gab es aber außer Touristenkitsch nur Calvados, Cidre, sehr teure normannische Backwaren und handgefertigte Seifen. Äpfel gibt es nur in alkoholischer Form, stellte ich fest, also die oben erwähnten Getränke, und dann gab es noch in Calvados eingelegte Birnen. Also kaufte ich nichts, blieb aber kurz in einer Kneipe sitzen und trank ein Glas Cidre. Der hat 5% Alkohol, stand auf der Flasche, ich hatte auf 2% getippt, wie der fränkische Apfelwein. Aber statt betrunken zu werden, bekam ich eigenartigerweise noch mehr Hunger. Ich kaufte mir ein kleines Baguette und aß es mit Salzbutter und Käse.

 

Dann stellte ich fest, dass diese berühmte Insel tatsächlich sehr nahe am Campingplatz liegt. Man kann 2,5 km mit dem Fahrrad über den Deich neben dem Fluss herfahren, der immer bei Flut durch einen Staudamm mit Salzwasser gespeist wird und aus dem die Schafe trinken (was ich vermute).  Ich fuhr die Strecke mit dem Fahrrad, dann hätte ich zu Fuß weitergehen müssen, jedenfalls stand das auf einem Schild. Trotzdem sah ich Radfahrer weiterfahren. Ich brach das Vorhaben ab und würde es in Ruhe an einem der nächsten Tage angehen. Ich fuhr über den Deich zurück zum Campingplatz, hatte aber blitzschnell die Idee, in die andere Richtung weiter zu fahren, weil 4 km entfernt ein Städtchen liegt, wo es Geschäfte geben soll. Ich erreichte es nach knapp 20 Minuten, es fielen übrigens ab und zu Regentropfen, eine milchige Sonne schien aber auch durch die Wolken und es war fast schwül. Was für ein Unterschied zur letzten Woche! Ich fand einen kleinen Supermarkt, es gibt auch größere, aber es war schon fast sieben. So kaufte ich einen Salatkopf und eine kleine Melone. Sonst gab es auch nicht viel. Ein paar salzige Cashews warf ich noch in den Einkaufskorb. Und dann radelte ich zurück, fotografierte noch eine Windmühle neben einem Regenbogen. Es tropfte übrigens nicht mehr. Ich würde Muscheln essen und nicht selber zubereiten und das ging so:

 

Ich duschte mich, machte mich schick und setzte mich in das erste Restaurant, das ich erreichen konnte. Das waren zwei Minuten Fußweg. Es war halb acht, es war schon voll, ich bekam aber noch ein Tischchen allein für mich und dachte kurz an mein Enkelkind. Er hatte letztens gesagt, er fände es traurig, wenn ich allein essen ging. Ich fand es aber nicht traurig. Es gab Muscheln haufenweise, ich brauchte mit niemandem zu reden und auch nicht jemandem gegenüber zu sitzen, der eine kurze Hose, Wollsocken und Wanderschuhe trug, natürlich auch das obligatorische Käppi, während seine Lady so angezogen war, wie es üblich ist, wenn man essen will statt einen Berg zu besteigen. 

Sie tranken übrigens Bier und aßen dazu Eis. Ich wagte nicht zu denken, welcher Nationalität sie angehören könnten. Heute morgen sah ich sie auf dem Campingplatz, ihren Camper hatten sie unter jedem (!) Rad mit einem Auffahrbock versehen. Das Nummernschild weist auf das  Sauerland hin.

 

Ich saß zum ersten Mal beim Essen draußen während dieser Reise. Hier noch ein paar Impressionen der Umgebung des Campingplatzes: Die historische Windmühle neben dem Regenbogen, leider etwas unscharf; Abendstimmung am Fluss Quesnon, aus dem die Schäfchen nicht wirklich trinken, aber das erkläre ich in meinem nächsten Bericht; und immer die berühmte Silhouette des Weltkulturerbes Mont-Saint-Michel.