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Wölfe, Bären, Wildschweine

Wobei die Wildschweine die Beute der Wölfe sind. Und ich bin jetzt mitten in den Bergen der Abruzzen, unweit eines kleinen Dorfes.

Gerade hatte ich ein bisschen Panik, aber nicht, weil ich einen Wolf getroffen habe. Davon später. Was kann noch schlimmer sein? Mein Handy war platt und hatte das nicht angezeigt. Ich dachte schon, es würde nicht mehr laden. Aber es hat sich gerade wieder eingekriegt. Abgesehen davon, funktioniert das Internet per Laptop auch nur mit Glück und Zuversicht.  

 

Aber von vorne: Am Montag kam ich bereits hier an. Von der Adria war ich im Regen losgefahren, und hier oben, mitten zwischen Zwei- und Zweieinhalbtausendern, war es angenehm frisch. Die Campingplatzbetreiber erwarteten mich bereits. Das ist ein Ehepaar um die achtzig und eine etwas jüngere Frau, deren Verwandtschaftsverhältnis mir noch nicht bekannt ist. Obwohl ich schon weiß, dass sie seit der Menopause keine Migräne mehr hat. 

 

Was mir hier gefällt: Es ist alles vorhanden, was man benötigt. Im Dorf, eine Viertelstunde Fußweg, gibt es genug, um zu überleben. Das Restaurant hat nur mittags geöffnet, also versorge ich mich ausschließlich selbst und spare dabei.

 

Was mir nicht gefällt: Es gibt geführte Exkursionen, aber die holen einen hier nicht ab. Ich wollte schon schlechte Laune haben und diese an den Campingleuten auslassen, ließ das aber sein und fragte nur, ob ich allein in den Wald gehen könnte. Das sollte ich mal schön sein lassen, und letztendlich fuhr mich der Betreiber mit seinem Auto nach Caramanico Terme, circa 7 km von hier, wo die Touren beginnen.

 

Das war am Donnerstag. Der Ausflug war dann sehr interessant. Wir stiegen in eine tiefe Schlucht, eingegraben von dem kleinen Fluss da unten, der mehrere Wasserfälle hatte. Wir bekamen Tierspuren gezeigt und die Pfade der Wölfe. Ich weiß jetzt, welche Teile eines Wildschweins an welche Tiere im Wolfsrudel verteilt werden. Die Kleinen bekommen den Kopf, damit sie lernen, wie ihre Beutetiere aussehen. Der Mensch gehört nicht dazu. Jedoch sollte man sich vor allem im Mai/Juni in acht nehmen, wenn die Weibchen Junge haben und diese verteidigen wollen. Ich hörte auch, dass 1943 zwei Holländer den Deutschen aus einem Gefangenenlager entkommen waren und genau hier in dieser Schlucht monatelang von den Einheimischen versteckt wurden, bis die Alliierten kamen. Die hatten weniger Angst vor den Tieren als vor gewissen Menschen.

 

Aber das nur am Rande. Die wilden Tiere in der Gegend hier waren das Hauptthema. Wölfe gäbe es einige Hundert, und die seien hier schon immer gewesen. Bären so zu schützen, dass eine gesunde Anzahl von ihnen weiter leben könne, sei aber ziemlich schwer, das Gebiet sei zu klein. Aber es gibt welche. 

 

Was ich sonst noch gemacht habe: Am Dienstag war ich in dem botanischen Park neben dem Dorf. Dort wird versucht, gefährdete einheimische Pflanzen überleben zu lassen.

 

In der Nacht, eher im frühen Morgengrauen, hörte ich Tiere rufen, ich bildete mir ein, es seien Wölfe. Trotzdem ging ich am nächsten Morgen in den Wald, ein bisschen den Berg hoch, zu einem höher oben gelegenen Dorf. Zuerst war mir ein wenig mulmig. Ich bin zwar nicht das Rotkäppchen, sondern die Großmutter, und Wein und Kuchen habe ich in meinem Camper, aber ob so ein Wolf das weiß... Mir begegneten dann aber einige Leute. Oben angekommen, fand ich ein Restaurant, in dem es typische Abruzzengerichte gab, und natürlich den Valpolicelli von hier. Ich will aber mittags nicht essen, und im Dunkeln eine Stunde durch den Wald zurück zu gehen nach gutem Essen mit Rotwein, das ist mir dann doch nicht geheuer. 

 

Den Waldspaziergang machte ich vor dem Ausflug mit dem Guide und dessen Informationen über die wilden Tiere. 

 

Was ich noch versucht habe: Joggen um das Dorf herum, aber das ist hier zu brutal, das könnte auch meine Tochter nicht. Das Fahrrad freut sich, es hat natürlich Pause. Dann gibt es noch den Swimming Pool. Man kann darin drei Züge schwimmen, wenn man aufpasst, dass man sich nicht die Knie am Boden stößt. 

 

Den Plan, was ich hier noch unternehmen soll, habe ich noch nicht so richtig. Ich will den Mann nicht nochmal fragen, ob er mich zum Nationalparkzentrum bringt. Und die Ausflüge sind so unterschiedlich nicht. Es gibt in der Nähe im Wald noch eine kleine Wassermühle, dort gehe ich vielleicht gleich hin. Heute Abend scheint auf dem Marktplatz ein Fest zu sein, da könnte ich mal schauen.

 

Vorgestern bimmelte es vor dem Campingplatz ganz laut. Als ich nachschaute, sah ich drei Kühe gemütlich am Wegesrand grasen. Das ist das krasse Kontrastprogramm zur touristischen Adria. Mein ursprünglicher Plan ist ja auch zu entspannen und mehr oder weniger nichts zu tun. Die Leute reden hier mehr mit einem, es ist eben Dorf. Die Touristen werden eingebunden, für die Pflege der italienischen Sprache ist das hier genau was ich brauche. 

 

Und ab Mittwoch wird es wieder spannend. Die Hauptstadt Italiens, ich werde in Rom erwartet. Sie haben mir gestern die Adresse geschickt und Google Maps funktionierte. Ich muss ein ganzes Stück durch die Stadt. Wenn das mal weniger stressig ist als sich vor Wölfen zu fürchten, ist mir noch nicht ganz klar...

 

Fotos unten: Das Bergpanorama bei meinem Spaziergang, die Schlucht beim geführten Ausflug.