(Diesen Bericht habe ich später hochgeladen, hoffentlich samt Fotos, an meinem letzten Nachmittag auf dem Campingplatz von San Giacomo/Sant‘Eufemia war das Internet mal wieder etwas schlapp.)
Weißes Lama, kann aber auch „Wasserader“ heißen. Man sagte mir, ich könne da allein hin. Also zog ich los. Besser als dem Rundweg zu folgen, der kompliziert beschrieben wurde und teilweise über die Straße ging, sollte ich denselben Weg zurück gehen, sagte mir einer von den Offiziellen am Parco Botanico, dem botanischen Park, wo der Weg nach oben durch den Wald anfängt. Es ging gut bergauf, zuerst noch an Gärten und Wiesen entlang, dann durch den Wald, der mit steigender Höhe zu einem lichten Buchenwald wurde. Außer den kleinen Geckos und heuschreckenartigen Insekten, die vor mir wegflogen und dabei leuchtend rote Flügel ausbreiteten, sah ich keine Tiere. An Schlangen wollte ich nicht denken, aber ich schaute gut hin, wo ich meine Füße aufsetzte. So stieg ich fast zwei Stunden da hoch, um zu der Quelle zu gelangen. Ich hätte schneller sein können, machte aber Fotopausen. Zwischendurch ging es nah an der Straße entlang, am Berghang gegenüber sah ich die ganze Zeit das Dorf, wohin ich meine erste kleine Wanderung gemacht hatte. Dieses Mal ging es höher.
Als ich laut Uhrzeit fast oben war, sah und hörte ich immer mehr Leute. „Oben“ bedeutete nicht oben auf dem Berg, sondern das Ziel lag mitten im Buchenwald. Aus einem Rohr kam frisches, recht kaltes Wasser in dickem Strahl. So gut hat mir noch nie Wasser geschmeckt. Allerdings hatte ich ziemlich geschwitzt. Neben der Wasserstelle waren Picknickbänke und Tische aus Holz. Ich setzte mich. Kurz darauf kamen Leute, die sprachen außer italienisch auch deutsch. So kam ich mit einer Frau ins Gespräch. Mehr aus Spaß sagte ich, dass ich bis jetzt weder Wölfe noch Bären gesehen hätte. Worauf sie meinte, man träfe wohl eher auf Schlangen. Lächelnd wartete sie meine Reaktion ab. Anscheinend sind Schlangen nicht nur bei mir unbeliebt.
Nach einer kurzen Ess- und Trinkpause ging ich wieder runter. Diesmal etwas schneller. Als ich auf der Straße zum Campingplatz angekommen war, lag dort eine tote Babyschlange. Pech gehabt, kleine Schlange, dachte ich, du kannst mich nicht mehr erschrecken. Allerdings, dachte ich auch, die kleine Schlange kann ja nichts dafür, dass ich sie nicht hätte leiden können als ausgewachsenes, lebendiges Tier.
Ich genoss dann sehr ein Bad im Swimming Pool.
Gestern ging ich an der Straße entlang nach Caramanico Terme, das ist der Ort, von dem aus ich die geführte Tour gemacht hatte. Er liegt weiter unten im Tal, 500 Höhenmeter tiefer als der Campingplatz hier auf circa 1000 Metern, wie ich inzwischen registriert habe. Mache ich es eben umgekehrt wie gestern, dachte ich, zuerst runter und zurück wieder rauf. Die 500 Höhenmeter zu überwinden, ist auf 6 oder 7 km moderat, fast überlegte ich, ob ich das Fahrrad nehmen sollte. Ließ das dann aber sein. Es kamen mir einige Radfahrer entgegen, aber die haben spezielle Leichträder. Im Ort stand ein Bus. Es gab aber keinen Fahrplan und es stand auch nichts darauf. Ich will ja sportlich sein, was soll ich mit dem Bus fahren, dachte ich, als er tatsächlich an mir vorbei ins Tal fuhr.
Auf dem Weg nach unten wurde es ein bisschen wärmer, nach einer relativ langen Stunde oder einer genauen Stunde und zwanzig Minuten erreichte ich den Ort. Zum Schluss führt dort die direkte Straße durch einen Tunnel, den traute ich mich aber nicht zu nehmen, deshalb war es etwas weiter. Der Ort ist größer als Sant’Eufemia. Ziemlich schnell kam ich an eine Imbissbude oder so was in der Art. Ich aß eine Pinsa, sonst gab es auch nichts Nennenswertes. Anschließend schlenderte ich noch ein bisschen durch den Ort, sah noch ein paar Restaurants und Läden, dann gönnte ich mir noch ein Eis.
Ich habe vergessen zu erwähnen, dass ich seit meinem Handyausfall nicht mehr wirklich ins Internet gekommen bin. Zuerst wurde mir nur 3G angeboten und ab Sonntagmorgen war ich komplett offline. Ich hatte nur noch eine Chance über W-Lan. Mir war etwas mulmig. Mein mobiles W-Lan spricht nicht mehr mit dem Handy, und wenn ich mit dem Auto weiterfahre, was mache ich denn dann ohne Telefon? Schon leicht verzweifelt, schaltete ich das Handy in dem Ort da unten komplett aus und wartete einen Moment. Was, wenn es tot bleibt oder den PIN nicht mehr annimmt? Ist mir in den Vogesen passiert. Es blieb dann aber nicht tot, nahm den PIN an und seither bin ich wieder online. Was habe ich mich gefreut. Lächelnd wanderte ich den schweißtreibenden Weg zurück, die Hälfte der Pinsa im Rucksack, weil sie mir zu viel gewesen war. Und als ich schon fast in Sant’Eufemia war, kam der Bus an mir vorbei und der Fahrer wollte mich mitnehmen. Ich bedeutete ihm, dass ich lieber weiter laufen wolle.
Oben angekommen, steuerte ich die Bar im Ort an. Ich hatte hier schon ein paar Mal einen Cappuccino getrunken, heute holte ich mir aber ein Bier. Auf einer Bank vor der Bar saß der Busfahrer. Ich fragte nach dem Fahrplan oder wie oft der Bus denn führe. „Kommt drauf an“ sagte er. „Je nach Bedarf.“ Das ist ja wirklich ein komischer Fahrplan.
Seit heute Mittag gewittert es. Ich hatte mir vom Campingplatz-Opa eine Leiter geliehen. So konnte ich meine Markise säubern, einschließlich sämtlicher Rillen und dem Rauspuhlen alter Blätter und Piniennadeln. Als sie wieder trocken war und ich auch noch die Matte verstaut hatte, ging es mit einem lauten Knall los, und jetzt regnet es schon seit fast vier Stunden, mal mehr, mal weniger.
Noch was Kurioses, bevor ich es vergesse: Der lustige Campingplatz-Opa, der mich immer neckt und sich dafür heute sogar noch entschuldigt hat, hat ein Gefährt, das noch viel lustiger ist. Es ist eine Mischung aus Squad und Aufsatzrasenmäher und macht einen Höllenlärm. Damit fährt er den Campingplatz auf und ab, was bei seinem Alter und der steilen Hanglage des Platzes irgendwie verständlich ist.
Außerdem: Es gibt noch ein Restaurant am anderen Ende des Ortes, das ich erst spät entdeckte und das auch abends geöffnet ist. Ich habe da einmal gegessen. Nicht teuer, aber gemütlich und günstig.
So, und morgen fahre ich dann nach Rom. Was für ein Kontrastprogramm zu dem Minidörfchen hier mit den Kühen vor dem Campingplatz. Dort erwartet man mich schon. Sie haben mir Mut gemacht. Der Weg sei leicht zu finden.
Auf den Fotos: der lichte Buchenwald mit der Quelle, das Bergmassiv mit dem Dörfchen gegenüber, Caramanico Terme, wo ich der Straße nach hin wanderte, und der Rückweg von dort.